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·10. November 2025
VAR-Hass in neuer Dimension: Kölner und Gladbacher plötzlich Freunde

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·10. November 2025

Das Rheinderby war ein merkwürdiges Spektakel – es wurde vor allem dann zum Aufreger, wenn kein Ball rollte. Kenner ahnen nach so einem Satz: Jetzt geht’s wahrscheinlich um die Schiedsrichter; also nicht die auf dem Platz, sondern die im berüchtigten VAR-Keller.
Die Aufregung führte am Samstag sogar dazu, dass sich Feinde als Freunde entpuppten: Gladbacher und Kölner. Borussia-Trainer Eugen Polanski und FC-Coach Lukas Kwasniok zerlegten nach dem 3:1-Heimsieg der Gladbacher innerhalb von zwei Minuten das komplette System Fußball. Es fehlte nicht viel, und sie hätten dabei Händchen gehalten.
Grund für die Einigkeit: Schiedsrichter Denis Aytekin hatte im Derby eine Menge Ferngespräche mit dem VAR-Keller geführt und drei Elfmeter gepfiffen, zwei davon für Gladbach.
„VAR nimmt alle Emotionen und macht das Spiel trotzdem nicht gerechter“, jammerte Kwasniok. Bei dynamischen Aktionen „verfälscht er alles. Ich mag ihn nicht nur nicht – ich hasse ihn.“
„Ich bin tatsächlich gar kein Freund vom VAR“, sprang ihm Polanski zur Seite. „Das wird auch immer schlimmer bei mir.“
Mein erster Reflex: Ich kann es nicht mehr hören! Hier hadern doch einfach nur enttäuschte Romantiker.
Mein zweiter: Wenn der Videoassistent acht Jahre nach der Einführung noch immer so hart abgelehnt wird – vielleicht müssen wir dann wirklich darüber reden. Brauchen wir womöglich einen neuen Fifa-Arbeitskreis?

Die VAR-Gegner meinen, ständige Unterbrechungen und Berichtigungen killen den Sport. Außerdem finde man unter dem Mikroskop immer etwas, um eine Entscheidung zu rechtfertigen. Ihr Standpunkt: Von mir aus kann sich alles verändern, bloß bitte nicht mein Fußball.
VAR-Befürworter meinen: Der Fußball soll sich verändern können wie alles andere. Lass uns den Fortschritt umarmen, statt ihn zu verweigern, auch wenn es manchmal schwerfällt. Die extremsten der Befürworter belächeln die anderen als unverbesserliche Romantiker, die wahrscheinlich auch auf dem Weg zu ihrem Verbrenner-SUV den Plastikmüll in die Restmülltonne schmeißen, weil trennen eh nix bringt, und dann mit 230 Sachen über die unlimitierte Autobahn brettern.
Die Gegner sagen, das sei totaler Quatsch: Der Fußball solle einfach nur so bleiben, wie er immer war – fehlerbehaftet, heiß diskutiert, echt.
Erst letzte Woche führte das Bundesliga-Barometer eine repräsentative Umfrage zu diesem Thema durch. Das Ergebnis hat mich überrascht: Mehr als die Hälfte (59,7 Prozent) der deutschen Fußball-Fans würden den VAR abschaffen, nur 29,7 Prozent wollen ihn behalten. Und das, obwohl die Zahl der Fehlentscheidungen auf dem Platz seit Einführung des VAR extrem – um 80 bis 90 Prozent – zurückgegangen ist.
Die grundsätzliche Frage – Was steht dem Fußball besser: mehr Gerechtigkeit oder mehr Emotion? – scheint damit beantwortet zu sein. Zumindest in Deutschland. In der Premier League wiederum stimmten vergangenes Jahr 19 von 20 Klubs für die Beibehaltung des „Video Assistant Referee“.
Mit kommt ein schrecklicher Gedanke: Führen wir in zehn Jahren immer noch diese Diskussion?
Vielleicht soll es ja so sein, und die VAR-Debatte gehört irgendwann zum Fußball wie Stadionwurst und Rasengeruch – sie hat dann also selbst etwas Romantisches, und alle sind glücklich.
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