Vertikalpass
·23 novembre 2025
Magical Mystery Show von Undav

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·23 novembre 2025

Was einen seit sechs Spielen gegen den BVB innerlich überrollte, hatte zu tun mit Fußball-Kunst, die große Gefühle hervorruft. Mit dabei aber immer auch eine starke Übertreibung, die sich oft auch im guten Kitsch findet. Wie vor zweieinhalb Jahren beim 3:3 von Silas in der Nach-Nachspielzeit. Bei den Toren von Deniz Undav beim 5:1-Sieg, beim Eigentor von Waldemar Anton beim letzten Auswärtssieg. Und wie jetzt bei Undavs Ausgleich in der 91. Minute, nachdem zuvor Karim Adeyemi gedacht hatte, er hätte das Spiel entschieden. Es wird ihm ein Mysterium bleiben, wie der VfB 3:3 in Dortmund gewinnen konnte. „Den Ausgleich hatte ich nicht bestellt“, beschwerte er sich.
Die Spiele von Dortmund und dem VfB sind nicht nur Kunst und Kitsch, es sind auch moderne Dramen. Aufgeführt wurde im Westfalenstadion ein Dreiakter:
Akt eins: Alles wie immer?
Der VfB ähnlich wie in Leipzig mit einer nahezu perfekten halben Stunde: bessere Spielanlage, höherer Ballbesitz, größeres Selbstvertrauen. Was fehlte: ein Tor. Der BVB mit typischem Labbadia Kovac-Fußball. Auf Sicherheit bedacht, bieder, mit Umschaltfußball im eigenen Stadion. Aber wahrscheinlich hatte Kovac seiner Mannschaft nur verordnet, auf die Fehler des VfB zu warten. Denn dass die kommen, muss man leider erwarten. Dieses Mal von Undav, der im Strafraum Nico Schlotterbeck umrannte. Nach dem 2:0 durch Maxi Beier nach einem Kuddelmuddel mit Alex Nübel und Lorenz Assignon muss der VfB froh sein, dass er von den Schwarz-Gelben nicht schon in der ersten Halbzeit abgeschossen wird.
Akt zwei: Perfektion mit zwei Toren Der Anschlusstreffer in der 47. Minute natürlich hilfreich. Es muss so gewesen sein, dass Undav seine Gegenspieler Emre Can und Gregor Kobel hypnotisiert hatte. Anders ist deren Tatenlosigkeit nicht zu erklären. Wie der Stuttgarter Stürmer den Ball mit dem Rücken zum Tor einnetzte: ein Kunststück. Der VfB in dieser Halbzeit mit 25 nahezu perfekten Minuten an deren Ende wieder ein typischer Undav stand: clever, listig, überraschend, erfolgreich spitzelt er eine Kopfballvorlage von Maxi Mittelstädt über die Linie. Danach wollte Dortmund auch wieder mitspielen, sie taten es auf ihre Art – uninspiriert, ohne offensives Konzept, sie versuchten es mit purem Willen. Nachdem Adeyemi eingewechselt wurde, kam mehr Tempo und Wucht in die BVB-Aktionen.
Akt drei: Undav mit der Schlusspointe Der VfB zu übermütig, mit nicht vorhandener Restverteidigung. Adeyemi konnte über das gesamte Feld sprinten, Finn Jeltsch versucht ihn mit einem Hechtsprung zu bremsen. Gebremst wird Adeyemis Schuss lediglich vom Netz des Tores. Der Dortmunder lässt sich feiern, Kovac dachte offensichtlich outside the Box als er mit ihm vermeintlich den Sieg eingewechselte. Aber der BVB-Trainer hatte die Rechnung ohne den Hintern von Undav gemacht. Mit dem drehte sich der VfB-Stürmer in Gegenspieler Schlotterback hinein und überraschte Keeper Kobel mit einem Kullerball. Auch so mancher VfB-Fan mag den Hintern von Undav nicht. Unqualifizierte Kritiker halten ihn für zu groß, andere meinen, er würde das gute Stück zu oft einsetzen anstatt den Ball an- und mitzunehmen.
Im Interview mit ESPN-Reporter Archie Rhind-Tutt offenbarte Undav seine Emotionen: Die Leute würden sagen, er sei kein Striker, er sei nicht gut genug, meinte er: „That was burning in me. Because all my life I score goals“ Letztlich zeigte er mit sechs Treffen aus den letzten drei Spielen, dass ihm die Kritik, sorry …, am Arsch vorbei geht.
Es war natürlich eine magische, eine mystische Undav-Show, was fiel sonst auf? Finn Jeltsch mit einem abgeklärten Auftritt. Körperlich war er schon immer ein Ereignis, jetzt kombiniert er das mit einer erstaunlichen Reife. Wie er intuitiv vor dem vermeintlichen 3:1 durch Serhou Guirassy einen kleinen Schritt macht und dadurch das Abseits für den Ex-Stuttgarter generiert: genial. Mit der Einwechslung von Chris Führich kam deutlich mehr Energie aufs Feld, sein Pass auf Undav nach einem Solo letztlich spielentscheidend.
Ausser Moral, Widerstandskraft und den unerschütterlichen Glauben an sich selbst zeigte der VfB, dass er mit einer deutschen Spitzenmannschaft nicht nur mithalten, sondern sie auch über die meiste Spielzeit dominieren kann.
Und man kann sich auf den VfB verlassen in Spielen gegen Dortmund: Es gibt immer Kunst und Kitsch und das große Drama.
Bild: Lars Baron/Getty Images
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