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·20 agosto 2025
U19-Trainer Schittenhelm im db24-Interview: „Derbys gegen Rot sind die geilsten Spiele“

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·20 agosto 2025
U19-Trainer Jonas Schittenhelm gehört zu den großen Konstanten beim TSV 1860. Seit zehn Jahren arbeitet der 40-Jährige im Nachwuchsbereich an der Grünwalder Straße. Er liefert immer, bringt immer wieder interessante Talente für den Profibereich hervor, darunter Marius Wörl, Leandro Morgalla oder zuletzt Sean Dulic. Jetzt ist er wieder im Fokus: Mit der U19 spielt er heute ab 15 Uhr das Derby gegen den FC Bayern. Das db24-Interview mit Schittenhelm, der einst von Goldauge Wolfgang Schellenberg vom SC Fürstenfeldbruck zu 1860 gelotst worden ist:
db24: Herr Schittenhelm, Sechzig gegen Bayern: Gibt`s was Größeres in der Stadt?
JONAS SCHITTENHELM: Derbys sind immer etwas ganz Besonderes – gerade gegen Rot. Die Jungs sind heiß – die letzten Duelle waren immer sehr eng. Gerade die letzten zwei Jahre waren es immer sehr knappe Spiele: Ein Sieg, zwei Unentschieden – und eine Niederlage. Das letzte Aufeinandertreffen im Campus war verrückt, als Torwart Miran Qela in der Nachspielzeit per Kopf zum 2:2-Ausgleich traf. Die Derbys sind die geilsten Spiele. Für mich als Trainer geht es aber selbstverständlich in erster Linie um die Entwicklung der Spieler.
db24: Wie haben Sie sich mit diesem Derby-Fieber infiziert?
Das geht ganz automatisch, wenn man ein Löwe wird. Ich komme ja ursprünglich aus Mainz. Als ich 2013 nach München gezogen bin, habe ich das schnell verinnerlicht. Leider habe ich ein Derby der Profis im Stadion nie miterlebt. Bei uns im Staff sind mit Co-Trainer Gerry Straßhofer und Zeugwart Markus Burger zwei Tiefblaue, die immer wieder von den Bundesliga-Derbys erzählen.
db24: Die Bayern spielen selbst im Jugendbereich finanziell in einer anderen Dimension…
Stopp! Auch wir haben gute Jungs. Die Bayern haben andere Möglichkeiten – im nationalen und internationalen Bereich, um Spieler zu ködern. Die haben wir nicht. Lennart Karl, der gerade seine ersten Einsätze bei den Profis gefeiert hat, dürfte normalerweise noch in der U19 spielen. Wenn wir aber mit voller Kapelle spielen und einen guten Tag erwischen, können wir jeden schlagen. So gehen wir die Spiele an. Jetzt ist es aber leider so, dass wir personelle Probleme vor dem Derby haben.
Mustafa Tekin, der beim 4:2-Auftaktsieg in Freiburg zweimal getroffen hat, ist weiter fraglich. Er hat eine Fußprellung. Sicher ausfallen werden Noah Plöttner und Bruno Mühl. Aber wir haben auch gute junge Nachrücker, die interessant sind und irgendwann für oben interessant werden können. Was ich versprechen kann: Es wird Feuer auf dem Platz sein. Ich hoffe, dass möglichst viele Zuschauer kommen.
db24: Gibt es von Ihnen ein Zuckerl für einen möglichen Derby-Triumph?
Es gibt nichts Schöneres als gegen die Bayern zu gewinnen – und wenn wir einen Sieg feiern, kann ich mir vorstellen, dass es hinterher ein Kabinenfest gibt – und wir Pizza bestellen (lacht). Es gibt immer ein paar Leute, die was in den Mannschaftskasse reinwerfen und die Jungs dann Spass haben.
db24: Wie ködert 1860 Talente? Die Konkurrenz ist durch Bayern, Augsburg, Nürnberg, Fürth, Ingolstadt, Regensburg und Red Bull Salzburg bedeutend größer als noch vor 20 Jahren…
Wir müssen in der Region ganz genau hinschauen. Das Potential im Raum München und dem Einzugsgebiet ist riesig, allein hier wohnen sechs Millionen Menschen – wir müssen für uns die guten Jungs rausziehen. Der entscheidende Punkt ist bei 1860 auch die Durchlässigkeit. Das ist ein Vorteil für uns, weil es viele Beispiele gibt, die es in den Profibereich geschafft haben. Wir haben nicht wie Stuttgart oder Hoffenheim pro Jahrgang 14 High-Potential-Talente, aber eine Handvoll Spieler, die es zum Profi schaffen können.
db24: Früher gab es mal einen Ehrenkodex zwischen Blau und Rot, dass man keine Spieler vom Stadtrivalen abwirbt. Wie ist das heute?
Letztlich kommt es auf die Qualität an. Wir haben die letzten Jahre wenig Jungs gehabt, die von Rot rübergekommen sind. Marius Wörl kam in der U15 zu uns oder Tim Kloss ein paar Jahrgänge früher.
db24: Was muss ein künftiges Löwen-Talent mitbringen?
Entscheidend ist für uns, dass die Jungs klar sind und eine gute Mentalität mitbringen. Wir haben unsere Junglöwen-Talentkriterien: Persönlichkeit, Mentalität, Athletik, das Eins-gegen-Eins-Spiel, Spielverständnis und Technik. Danach scouten wir. Darauf richten wir unsere ganze Planung aus. Die duale Ausbildung ist natürlich auch wichtig für uns – genauso wichtig wie Fußball.
db24: Ist Jugendtrainer für Sie ein Traumberuf?
Absolut – für mich schon! Ich fühle mich in dieser Rolle sehr wohl. Ich hatte Sport studiert. Mich hat es immer gereizt, das Maximale rauszuholen. Als Spieler war ich ein Jahr draußen mit einem Fußbruch und habe in dieser Zeit die A-Jugend meines kleinen Bruders trainiert. Das hat mir richtig Spaß gemacht und so habe ich diesen Weg eingeschlagen.
db24: Sie wirken sehr geerdet: Während andere Jugendtrainer oft gern Richtung Profibereich streben, scheinen Sie Ihre Mission im NLZ gefunden zu haben.
Es macht mir unfassbar viel Spaß mit jungen talentierten Jungs zu arbeiten, vor allem in diesem Verein. Ich hoffe, dass ich für Sechzig noch möglichst lange arbeiten kann, damit immer wieder dazu beitragen kann, dass was für die Profis nachkommt. Für mich ist es das Schönste, wenn die Spieler, die ich ausgebildet habe, oben ankommen und sich durchsetzen. Ich habe eine Familie mit drei Kindern – das lässt sich gut mit Leistungssport im A-Jugendbereich vereinbaren. Und oben im Profibereich musst du sehr flexibel sein. Oft bist du ganz schnell wieder weg…
db24: Das größte Talent, das Sie bislang unter Ihren Fittichen hatten, ist aber ausgerechnet ein Roter: Josip Stanisic vom FC Bayern.
Ich hatte Stanisic in der U16 des SC Fürstenfeldbruck – er kam damals von 1860. Wenn man seine Entwicklung sieht und wo er schon zum Einsatz gekommen ist, ist er der bislang größte Spieler, den ich trainiert habe. Aber es sind auch andere Jungs dabei gewesen, wie Marius Wörl, Leandro Morgalla, Michael Glück, Mansour Ouro-Tagba oder Sean Dulic. Das Beispiel Dulic ist sehr interessant: Ich kannte ihn eigentlich nur aus dem Kraftraum. Er war eigentlich nur verletzt und hat nie gespielt. Erst Ende der U17 hatte er sich wieder rangekämpft und Felix Hirschnagl hatte gesagt: „Den Dulic müssen wir unbedingt mitnehmen!“ Sean hat dann in der U19 so einen massiven Sprung gemacht – und jetzt ist er eine Wahnsinns-Maschine.
db24: Wie wichtig ist für Sie als 1860-Ausbilder die Entscheidung von Kevin Volland und Florian Niederlechner, wieder für ihren Jugendverein zu spielen?
Die Beiden zeigen, dass sie Herzblut für unseren Verein haben – das ist überragend. Sie sind Leitfiguren für unser NLZ. Volland und Niederlechner sind absolute Glücksfälle für 1860, die Jungen können viel lernen von ihnen. Es ist sehr beeindruckend, wie sie vorangehen. Sie sind nicht abgehoben. Wenn einer wie Volland durchs NLZ geht, merkst du einfach, dass er einer von uns ist. Jeder Sechzger geht gerne ins Stadion, um diese bayerischen Jungs zu sehen. Die Fans wollen Spieler, die das Herz am richtigen Fleck haben. Darauf schauen wir auch im Jugendbereich. Der Weg von Niederlechner ist auch ein gutes Beispiel, dass man auch mit Dellen in jungen Jahren sehr weit kommen kann (der Stürmer wurde nach der U12 einst bei 1860 aussortiert, d. Red.) – wir sagen immer zu unseren Spielern: Abgerechnet wird zum Schluss! Niederlechner ist ein Superbeispiel für den Fußball.
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