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·10. Dezember 2025
FC Liverpool und die Kunst der Krisenbewältigung

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·10. Dezember 2025

Arne Slot steht unter Druck – das ist die nüchterne Realität nach Wochen voller Turbulenzen beim FC Liverpool. Der Sieg gegen Inter Mailand in der Champions League mag kurzfristig Erleichterung verschaffen, doch die Probleme bleiben bestehen.
Wenn der eigene Kapitän Virgil van Dijk öffentlich von Klärungsbedarf spricht und die Mannschaftsführung derart offen ihre Ratlosigkeit dokumentiert, dann ist das mehr als nur eine temporäre Verstimmung. Es ist ein Alarmsignal.
Die Beziehung zwischen Slot und Mohamed Salah scheint zerrüttet. Das ist keine Spekulation, sondern die logische Schlussfolgerung aus den Ereignissen der vergangenen Tage. Ein Trainer, der seinen Starspieler nicht mit zum Champions-League-Spiel nimmt, während dieser zeitgleich Instagram-Stories aus dem heimischen Fitnessraum postet, sendet eine unmissverständliche Botschaft. Hier geht es nicht mehr um taktische Erwägungen oder Rotation. Hier geht es um Macht und Prinzipien.
Slots kryptische Andeutungen nach dem Spiel – wer müsse die Initiative ergreifen, wer habe Fehler gemacht – wirken wie das hilflose Manövrieren eines Managers, der die Kontrolle verloren hat. Die Frage ist nicht, ob Salah einen Fehler gemacht hat. Die Frage ist, warum es überhaupt so weit kommen konnte. Ein Trainer, der seinen wichtigsten Spieler dreimal in Folge auf die Bank setzt und dann überrascht ist, wenn dieser frustriert reagiert, hat entweder die Dynamiken im Profifußball nicht verstanden oder bewusst eskaliert.
Van Dijks Aussagen sind dabei besonders aufschlussreich. Wenn der Kapitän davon spricht, dass zwischen Salah und dem Verein „einiges zu klären“ sei und er sich selbst damit auseinandersetzen müsse, dann ist das keine diplomatische Floskel. Es ist das Eingeständnis, dass die Mannschaftshierarchie ins Wanken geraten ist. Ein Kapitän, der öffentlich sein eigenen Mitwirken in einem Konflikt zwischen Trainer und Spieler thematisiert, dokumentiert damit das Ausmaß der internen Zerrissenheit.
Die Daily Mail mag von einer Mannschaft schreiben, die „voll hinter ihrem Trainer“ steht, doch Andy Robertsons vorsichtige Formulierungen zeichnen ein anderes Bild. Wenn ein Verteidiger betont, dass „intern alle zusammenhalten“ und gleichzeitig darauf verweist, dass „andere“ über die Zukunft entscheiden werden, dann ist das keine Solidaritätsbekundung. Es ist der Versuch, sich aus der Schusslinie zu bringen.
Der Sieg in Mailand kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Liverpool vor fundamentalen Entscheidungen steht. Ein Verein, der einen Spieler vom Kaliber Salahs derart vor den Kopf stößt, riskiert mehr als nur sportlichen Misserfolg. Er riskiert seine Glaubwürdigkeit. Die Fans mögen Slots Namen skandiert haben, doch Fangesänge sind Launen unterworfen. Sie können sich schnell drehen, wenn die Ergebnisse ausbleiben und der beste Torschütze der Vereinsgeschichte weiter degradiert wird.
Slot mag diesen Abend als Genugtuung empfunden haben, doch Genugtuung ist ein gefährliches Gefühl für einen Trainer unter Druck. Sie verleitet dazu, die eigene Position zu überschätzen und notwendige Kurskorrekturen zu unterlassen. Die wahre Bewährungsprobe kommt, wenn er sich entscheiden muss: Will er seinen Machtkampf mit Salah fortsetzen oder erkennt er, dass Liverpool ohne seinen Superstar sportlich und wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig ist?
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Slot die Größe besitzt, einen Schritt zurückzutreten, oder ob er seinen Kurs stur fortsetzt. Die Geschichte des Fußballs lehrt uns, dass Trainer, die ihre besten Spieler verprellen, selten lange überleben. Auch nicht mit einem Sieg in Mailand.









































