Luxemburg-Trainer Strasser: "Ich komme ja nicht zum Klassentreffen" | OneFootball

Luxemburg-Trainer Strasser: "Ich komme ja nicht zum Klassentreffen" | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: DFB

DFB

·7. Oktober 2025

Luxemburg-Trainer Strasser: "Ich komme ja nicht zum Klassentreffen"

Artikelbild: Luxemburg-Trainer Strasser: "Ich komme ja nicht zum Klassentreffen"

Die deutsche Nationalmannschaft trifft am Freitag (ab 20.45, live in der ARD) in der WM-Qualifikation auf Luxemburg, das nach den ersten beiden Spielen den letzten Platz in Gruppe A belegt. Vor dem insgesamt 14. Duell mit Deutschland spricht Luxemburgs Nationaltrainer Jeff Strasser im DFB.de-Interview über den deutschen Fußball, Julian Nagelsmann und die eigenen Ambitionen.

DFB.de: Herr Strasser, Sie waren als Profi in Kaiserslautern und Mönchengladbach sechs Jahre lang Teil der Bundesliga. Ist Ihr Spiel gegen die deutsche Nationalmannschaft eine Herzensangelegenheit?


OneFootball Videos


Jeff Strasser: Gute Frage - ja und nein. Ja, ich habe den Großteil meiner Karriere in der Bundesliga verbracht, die besten Jahre.

DFB.de: Und nein?

Strasser: Ich komme ja nicht zum Klassentreffen, sondern wir wollen ein gutes Spiel machen.

DFB.de: Vom deutschen Fußball haben Sie sich Sommer 2006 auch mit einem Länderspiel gegen die DFB-Auswahl verabschiedet. Es war die bislang letzte Partie zwischen beiden Verbänden. Erinnern Sie sich?

Strasser: Ja klar, es war ein 0:7 kurz vor der WM 2006.

DFB.de: Deutschland wurde wenige Wochen später bei der Heim-WM Dritter. Ist der deutsche Fußball 19 Jahre später in Ihren Augen noch derselbe?

Strasser: Derselbe nicht. Wie auch? Der europäische Fußball insgesamt hat sich verändert, er ist sehr viel schneller und athletischer geworden. Aber die Deutschen, wenn Sie das meinen, sind immer noch eine absolute Fußballnation. Ich denke, das Team ist stärker, als es aktuell gesehen wird.

DFB.de: Was halten Sie von der DFB-Auswahl unter Julian Nagelsmann?

Strasser: Julians Mannschaften haben immer eine Handschrift. Unter ihm will das Team dominieren, das prägende Element ist das Spiel mit dem Ball.

DFB.de: Kennen Sie sich?

Strasser: Wir haben den Fußball-Lehrer zusammen gemacht.

DFB.de: Wie haben Sie Julian Nagelsmann damals wahrgenommen?

Strasser: Sehr sympathisch, mit einem enorm hohen Fachwissen und taktischer Cleverness. So spielen auch seine Mannschaften. Sie sind in der Regel in der Lage, in einem System verschiedene Grundordnungen zu spielen.

DFB.de: Der Bundestrainer denkt sehr schnell. Wie wirkt das auf seine Spieler?

Strasser: Ich kann mich erinnern, dass er während des Lehrgangs Cheftrainer bei Hoffenheim wurde. Die Abschlussprüfung hat er am schnellsten abgegeben, weil er zum Training musste. Ich weiß noch, wie ich damals dachte: "Wie geht das?!"

DFB.de: Freuen Sie sich auf das Wiedersehen?

Strasser: Ja, klar. Ich schätze ihn, und wir haben uns zehn Jahre lang nicht gesehen. In erster Linie aber ist es ein Qualifikationsspiel, etwas Ernstes also.

DFB.de: Luxemburg ist der Exotenrolle entwachsen. In den vergangenen zwölf Monaten hat Ihr Team unter Ihrem Vorgänger Luc Holtz gegen Weißrussland, Irland, Bulgarien oder Nordirland jeweils Remis gespielt und gegen Schweden sogar 1:0 gewonnen. Was ist los bei Ihnen?

Strasser: (lacht) Wir haben uns entwickelt. Vor über 15 Jahren haben wir angefangen, unsere Nachwuchsarbeit neu zu gestalten. Stellen Sie sich unseren Verband wie ein großes Nachwuchsleitungszentrum in der Bundesliga vor. Wir bilden die Talente zentral und zusammen aus und geben sie nur an den Wochenenden zu ihren Klubs. Das ziehen wir durch, bis sie 18, 19 sind. Außerdem spielen mittlerweile so gut wie alle Nationalspieler in ausländischen Ligen, auch schon die aus den U-Teams. Wenn das Niveau der Spieler steigt, dann auch das des Nationalteams.

DFB.de: Und das allein erklärt, dass Sie mit Teams wie Schweden mittlerweile auf Augenhöhe spielen?

Strasser: Dass wir gerade eine Goldene Generation haben, kommt dazu. Aber so wie früher, dass es nur darum geht, so wenige Gegentreffer wie möglich zu bekommen - das ist vorbei.

DFB.de: Sie sind allerdings aktuell nach zwei Heimniederlagen gegen Nordirland und die Slowakei Letzter der Qualifikationsgruppe A. Unter normalen Umständen dürfte das für die WM kommenden Sommer nicht mehr reichen. Ist es aber denkbar, dass Luxemburg eines Tages bei einer EM auftaucht?

Strasser: Wir machen uns nicht kleiner, als wir sind, und auch nicht größer. Wir wissen, was wir können und was wir nicht können. Wenn mal eines Tages alles zusammenpasst, dann ist das Undenkbare vielleicht denkbar. Wir sollten ambitioniert sein und demütig.

DFB.de: Sie haben als Trainer - bis auf ein Intermezzo beim FCK im Herbst und Winter 2017 - nur in Luxemburg gearbeitet. Wieso?

Strasser: Mein erstes Spiel war im Oktober 1993 in Metz. Überlegen Sie mal, das war noch vor dem Bosman-Urteil, mit dem sich damals für uns Profis alles geändert hat. Meine letzte Partie war 2010, erst bei Grashoppers Zürich, dann in meiner Heimat bei Fola Esch. Dort wurde ich nach wenigen Monaten Spielertrainer. 17 Jahre war ich also unterwegs und am Ende schon Papa. Spätestens nach meinen gesundheitlichen Problemen als Trainer in Kaiserslautern hatte ich entschieden, dass jetzt eine Zeit kommt, die ich in der Nähe meiner Kinder und meiner Familie verbringen möchte.

DFB.de: Sie mussten im Januar 2018 bei einem Spiel gegen Darmstadt mit Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Strasser: Ja, richtig. Gott sei Dank waren es nur Rhythmusstörungen, also nichts, was heute noch ein Thema wäre. Aber damals hat es mir zu denken gegeben.

DFB.de: Nationaltrainer zu sein, bedeutet häufig, das letzte Kapitel der Karriere aufzuschlagen.

Strasser: Das war vielleicht früher so. Fragen Sie mal Julian Nagelsmann, ob das DFB-Team sein letztes sein wird. (lacht) Nein, mein Weg ist noch lange nicht vorbei.

Impressum des Publishers ansehen